Das digitale Marketing im Kostenstrudel
Stark fragmentierte Touchpoints, eine sich schnell entwickelnde Martech-Landschaft und
immer kürzerer Innovationszyklen stellen Unternehmen vor eine paradoxe Herausforderung:
Nie war der Bedarf an leistungsfähiger Technologie so groß –
nie war das Risiko von Fehlentscheidungen so teuer.
Zwischen der Angst vor Vendor-Lock-ins und der Hoffnung auf schnelle Wirkung geraten
strategische Grundprinzipien im Procurement zunehmend unter Druck.
Dabei wächst gerade im Bereich der Marketing-Technologie die Erkenntnis, das der,
wer Beschaffungsprozesse rein operativ und toolgetrieben organisiert, Ineffizienz,
Doppelstrukturen und Schatten-IT Tür und Tor öffnet.
Strategische Prinzipien im Einkauf sind deshalb unerlässlich, um diesem Wildwuchs entgegenzuwirken.
Ein strategisch verankertes Procurement wird zur notwendigen Antwort.
Bewertungsmatrizen und standardisierte Scorecards erweisen sich dabei als wirksames Mittel,
um nicht nur funktionale Eignung, sondern auch langfristige Betriebskosten
(Total Cost of Ownership – TCO) steuerbar zu machen.
Der Martech-Markt 2025: dynamisch, unübersichtlich, wachsend
Die Anzahl verfügbarer Lösungen weiterhin exponentiell – allein im letzten Jahr stieg sie um rund 30 %.
Gleichzeitig sehen sich Verantwortliche mit der Integration generativer KI konfrontiert, deren Bewertung eine tiefgreifende Analyse erfordert. Die Reifegrade vieler Tools unterscheiden sich erheblich. Während klassische Plattformanbieter auf modulare Architektur setzen, drängen spezialisierte Nischenlösungen mit
hoher Innovationskraft, aber fragiler Skalierbarkeit auf den Markt.
Ein trügerisches Umfeld für klassische Auswahlverfahren – diese scheitern häufig daran,
dass sie rein auf Feature-Listen basieren, wenig mit der vorhandenen Systemlandschaft abgeglichen sind und
strategische Kriterien wie Datenportabilität oder Exit-Szenarien ausblenden.
Umso wichtiger ist es, bereits vor dem Auswahlprozess alle relevanten Use Cases systematisch zu erfassen und sie mit einem Business Case zu unterlegen – sowohl für die Use Cases selbst als auch für die damit verbundenen Tools.
Ein idealer Nährboden also für strategisch fundierte Bewertungsroutinen, die genau diese Lücken schließen.
Strategisches Procurement beginnt mit einer Metaperspektive
Die erste Regel eines strategischen MarTech-Prozesses lautet: Technologie folgt dem Ziel – nicht umgekehrt.
Wer heute in CDPs, CMPs, DSPs, CRM, CXP oder Loyalty Suites investiert, muss zunächst klären,
welche Business-Cases, Zielbilder und Use Cases damit bedient werden sollen. Eine enge Verzahnung mit der Marketingstrategie, den CX-Zielen und der Datenschutzarchitektur ist unerlässlich.
Dabei hilft ein systematischer Rahmen aus:
- Business Impact Assessment
- Use-Case-Matrix
- Data Readiness Check
Diese übergeordneten Fragen bilden den Ausgangspunkt für eine sachgerechte Toolbewertung.
Bewertungsmatrizen: Struktur statt Bauchgefühl
Eine Bewertungsmatrix mit Gewichtungsfaktoren für die wichtigsten Entscheidungsdimensionen schafft
Vergleichbarkeit und Transparenz:
Kriterium |
Gewichtung |
Funktionale Passgenauigkeit |
30 % |
Integrationsfähigkeit |
20 % |
Datenschutz & DSGVO-Compliance |
15 % |
Betriebskosten & Lizenzmodell |
15 % |
Skalierbarkeit & Zukunftsfähigkeit |
10 % |
Anbieterstabilität & Support |
10 % |
Die Bewertung erfolgt idealerweise cross-funktional zwischen Marketing, IT, Datenschutz und Einkauf.
Scorecards als Entscheidungsträger
Ergänzend zur Matrix bieten Scorecards einen Überblick,
wie gut ein Anbieter zu den eigenen Anforderungen passt – funktional wie wirtschaftlich.
Berücksichtigt werden sollten:
- Implementierungsaufwand
- Betrieb und Nutzerakzeptanz
- Skalierbarkeit
- Exit-Kosten und Abkündigungsrisiko
Diese Betrachtung macht bis zu 30 % geringere TCO realisierbar – ein strategischer Vorteil in Zeiten knapper Budgets.
Technologischer Wandel als Prüfstein der Beschaffung
Trotz steigender Budgets betrachten weniger als die Hälfte der Unternehmen den ROI ganzheitlich.
Strategisches Procurement ist daher kein Selbstzweck, sondern Grundlage für messbare Wirkung.
Vorteile eines fundierten Auswahlprozesses:
- Höhere Entscheidungssicherheit
- Weniger Lock-in-Effekte
- Reduzierte Betriebskosten
Von der Tool-Auswahl zur Wertschöpfungskette
Strategisches Procurement entscheidet, ob Investitionen wirken – oder versickern.
In einem Markt, der mehr Komplexität als Übersicht bietet, zählen Klarheit, Methodik und Objektivität. Bewertungsmatrizen und Scorecards bringen Struktur in den Auswahlprozess – und machen aus Einkauf
einen Hebel für Wertschöpfung.
Nicht das schönste Interface, sondern der beste Fit entscheidet –
etwa in Form konkreter Kriterien wie API-Kompatibilität oder Datenschutzkonformität.
Wer diesen Prozess beherrscht, wandelt Marketing-Technologie von einem Kostentreiber zu einem Differenzierungsmerkmal.