Die Diskussion über die Zukunft des Marketings erhält in diesem und im kommenden Jahr eine besondere Tiefe. Deutlich aufgezeigt wurde dies zuletzt durch die digitale Veranstaltung „Martech for 2026“ am 2. Dezember 2025, durchgeführt von Scott Brinker und Frans Riemersma – zwei Stimmen, die seit Jahren zeigen, wie die Branche über Technologie, Daten und Organisationsmodelle nachdenkt. Diesmal wird deutlich, dass das Marketing an einem Wendepunkt angekommen ist: Die technischen Grundlagen, auf denen Customer Experience, Automatisierung und KI beruhen, verändern sich schneller und grundlegender als je zuvor.
Dieser Impuls ist Anlass genug, die fundamentalen Entwicklungen zu analysieren, die 2026 prägen werden. Denn während Tools, Plattformen und Trends kommen und gehen, kristallisieren sich fünf technische Fundamente heraus, die den Unterschied zwischen erfolgreichen und überholten Marketingorganisationen markieren: Datenqualität, Governance, Identität, Architektur und agentische Prozesse.
Diese Elemente entscheiden darüber, ob Unternehmen künstliche Intelligenz produktiv nutzen können, ob sie Kundenerlebnisse präzise gestalten und ob sie langfristig Kontrolle über ihre Systeme behalten. Dieser Beitrag zeigt, warum diese fünf Dimensionen 2026 zu den wichtigsten Differenzierungsfaktoren im Marketing werden – und wie Unternehmen sich strategisch darauf vorbereiten können.
1. Datenqualität: Der unsichtbare Rohstoff der künstlichen Intelligenz
Das Marketing war jahrzehntelang in der Lage, mit unvollständigen, redundanten oder fehlerhaften Daten zu arbeiten. Menschen korrigierten, interpretierten, ergänzten. Doch mit der zunehmenden Automatisierung verschwinden diese menschlichen Korrekturschichten. KI-Systeme agieren schnell, skalieren Entscheidungen und ziehen aus kleinen Ungenauigkeiten große Schlussfolgerungen.
Damit wird Datenqualität zum kritischen Erfolgsfaktor.
Warum Datenqualität 2026 strategisch ist
- KI-Modelle können nur erkennen, was konsistent und strukturiert vorliegt.
- Echtzeit-Entscheidungen erfordern aktuelle, interpretierbare Interaktionsdaten.
- Neue Interaktionsformen – AI-Assistenten, Conversational Interfaces, Voice – erzeugen Daten, die sofort korrekt eingeordnet werden müssen.
Unternehmen, die Datenqualität als rein technische Disziplin behandeln, übersehen ihren strategischen Kern. Sie definieren, ob KI Orientierung findet, ob sie zielgerichtet arbeitet oder ob sie ungewollte Verzerrungen erzeugt. Datenqualität ist 2026 die erste Ebene der technischen Neuverkabelung des Marketings.
2. Governance: Das Rückgrat eines verantwortungsvollen KI-Marketings
Je stärker künstliche Intelligenz operative Marketingprozesse übernimmt, desto wichtiger wird die Frage nach Kontrolle, Verantwortung und Transparenz. Governance ist nicht länger die Pflichtübung einer Rechtsabteilung. Sie wird zum Steuerungsrahmen einer AI-ready Organisation.
Die drei Ebenen moderner Marketing-Governance
- Daten-Governance
Standards, Taxonomien, Datenmodelle, Qualitätssicherung und Zugriffskontrolle. - Prozess-Governance
Festlegung, wann automatisiert wird, wann Menscheneingriffe notwendig sind und wie Eingriffe dokumentiert werden. - AI-Governance
Regeln für Modelltransparenz, Bias-Kontrolle, Sicherheit, ethische Leitlinien und Funktionsgrenzen.
Mit der Einführung agentischer Prozesse und KI-Entscheidungen verschiebt sich Governance vom „notwendigen Aufwand“ zu einer strategischen Fähigkeit. Sie hält Geschwindigkeit und Sicherheit gleichzeitig im Gleichgewicht – eine Voraussetzung, die im KI-Zeitalter zur Norm wird.
3. Identität: Die neue Währung der Kundenzentrierung
Identität wird 2026 zur Infrastrukturfrage. Das Auslaufen von Third-Party-Cookies, strengere Datenschutzregime und fragmentierte Endgeräteumgebungen erschweren die eindeutige Zuordnung von Interaktionen. Gleichzeitig wachsen die Erwartungen an personalisierte, kontextuell passende Entscheidungen – in Echtzeit.
Identität als Kern der neuen Marketinglogik
Ohne präzises Identity Management lassen sich zentrale Prozesse nicht abbilden:
- KI-gestützte Segmentierung
- personalisierte Journeys
- Next-Best-Action und Decisioning
- Loyalty- und Engagement-Mechaniken
- Budgetoptimierung und Attribution
Ein Unified ID Layer, der Login-IDs, Hashes, pseudonymisierte Identifikatoren und Consent-Informationen kanalübergreifend zusammenführt, wird zur Voraussetzung für modernes Marketing. Unternehmen, die Identität nicht als strategisches Asset behandeln, verlieren zunehmend die Fähigkeit, Kunden konsistent zu verstehen – und damit die Basis jeder KI-gestützten Kommunikation.
4. Architektur: Vom Tool-Stapel zum strategischen Gefüge
In den vergangenen Jahren haben Unternehmen Martech-Stacks aufgebaut, die gewachsen, aber selten strukturiert wurden. Mit steigenden Anforderungen an Geschwindigkeit und Datenqualität offenbart sich: Nicht der Umfang eines Stacks entscheidet, sondern seine Architektur.
Die Merkmale einer zukunftsfähigen Marketingarchitektur
- Composable Design statt monolithischer Plattformen
Systeme werden gekapselt, modularisiert und über APIs verbunden. - Echtzeitfähige Dateninfrastruktur
Streaming statt Batch, Event-basierte Modelle statt Tabellenexporte. - Klare Rollen und Schnittstellen
CDP, Decisioning Layer, Consent Management, Experience Layer – jedes System hat eine eindeutige Aufgabe. - Interoperabilität
Daten werden einmal erzeugt und überall konsistent nutzbar gemacht.
Diese Architektur ermöglicht das, was 2026 zum Standard wird: die kontinuierliche, kanalübergreifende Steuerung von Kundenerlebnissen durch menschliche Strategen und AI-Agenten. Unternehmen mit moderner Architektur sind schneller, präziser und kosteneffizienter – ein Vorteil, der kaum aufzuholen ist.
5. Agentische Prozesse: Der Übergang vom Handwerk zur Orchestrierung
Der vielleicht tiefgreifendste Wandel betrifft die operative Rolle des Marketings. Während heute noch ein Großteil der Arbeit – Content-Produktion, Recherche, Segmentierung, Reporting, Journey-Steuerung – manuell erfolgt, übernehmen dies 2026 zunehmend AI-Agenten.
Agentische Prozesse verändern die Arbeitslogik
- KI erstellt Inhalte, testet Varianten und optimiert Prozesse autonom.
- Menschen steuern Ziele, Regeln, Grenzen und Qualitätsmaßstäbe.
- Routinearbeiten entfallen, strategische Arbeit gewinnt an Bedeutung.
- Marketingteams werden kleiner, aber wirksamer – weil KI operative Last übernimmt.
Damit entsteht eine neue Rolle: nicht die des operativen Ausführenden, sondern des Orchestrators, der Systeme steuert, Daten interpretiert, Entscheidungen validiert und strategische Leitplanken setzt.
Unternehmen, die diesen Wandel aktiv gestalten, gewinnen Geschwindigkeit und Qualität. Unternehmen, die an manuellen Prozessen festhalten, verlieren Relevanz.
Die Neuverkabelung des Marketings entscheidet über die kommenden Jahre
Die digitale Veranstaltung „Martech for 2026“ hat eindrücklich gezeigt, dass Marketing vor einer strukturellen Neuausrichtung steht. Nicht einzelne Technologien, sondern die tieferliegenden technischen und organisatorischen Schichten bestimmen, wie erfolgreich Marketing in den kommenden Jahren agieren kann.
Die Unternehmen, die 2026 bestehen, sind nicht die, die am lautesten über künstliche Intelligenz sprechen oder die meisten Tools einsetzen. Es sind diejenigen, die die Grundlagen beherrschen:
- Datenqualität
- Governance
- Identität
- Architektur
- agentische Prozesse
Wer diese fünf Ebenen unter Kontrolle bringt, schafft nicht nur ein modernes Marketing – er baut die Infrastruktur, die für die kommenden zehn Jahre wettbewerbsentscheidend sein wird.
2026 ist damit nicht das Jahr eines neuen Hypes, sondern das Jahr einer neuen technischen Logik im Marketing – präzise, vernetzt, datenbasiert und zunehmend agentisch.
Lade hier den Report runter: https://content.martechday.com/martech-for-2026.pdf

