Marc Schallmeyer

Digitales Marketing

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Customer Intelligence trifft Composability: Wie moderne Architektur Kunden begeistert

Im aktuellen digitalen Marketing reicht es nicht mehr aus, einzelne Tools zu evaluieren oder Softwarelösungen punktuell zu implementieren. Vielmehr geht es darum, kundenzentrierte Architekturen zu schaffen, die modular, datengestützt und zukunftssicher sind. Die technologische Infrastruktur wird so zum strategischen Fundament echter Customer Centricity. In der Weiterentwicklung von bestehenden Marketing Tech Stacks im Rahmen der  Marketingtransformation stehen deshalb zwei zentrale Entwicklungsfelder im Fokus: Composable Martech und Augmented Customer Intelligence.

 

Der erste Schritt in Richtung technologische Exzellenz ist der Abschied vom Monolithen. Während klassische Marketing-Suiten oft als geschlossene All-in-One-Systeme konzipiert waren, zeichnet sich die neue Ära durch Composability aus: API-first, modular, interoperabel. Führende Anbieter propagieren seit Jahren eine Architektur, in der einzelne Komponenten wie Customer Data Platform (CDP), Data Warehouse (DWH), Marketing Automatisierungs Plattformen oder Consent-Management-Lösungen flexibel kombiniert werden. Diese sogenannte composable Architektur ermöglicht nicht nur eine höhere Anpassungsfähigkeit, sondern auch eine kontinuierliche Weiterentwicklung einzelner Funktionseinheiten entlang der  sich kontinuierlich ändernden Business- und juristischen Anforderungen.

 

Dabei ist das API-First-Prinzip eng verknüpft mit dem Konzept eines zentralen Martech Data Layers. Dieser Layer fungiert als strukturierende Schicht zwischen den einzelnen Modulen und schafft die Voraussetzung für kohärente Datenflüsse, konsistente Kundenprofile und eine nahtlose Aktivierung über alle Kanäle hinweg. Durch die konsequente Entkopplung von Datenspeicherung, Analyse und Aktivierung entsteht ein flexibles System, das dynamisch auf neue Anforderungen reagieren kann. Statt starrer Datenflüsse entstehen lose gekoppelte, dynamische Systeme, in denen Daten aus CRM, Webtracking, Transaktionen und Zero-Party-Quellen in Echtzeit aggregiert, angereichert und aktiviert werden. Das führt nicht nur zu höherer Datenqualität, sondern legt auch die Basis für kanalübergreifende Personalisierung und intelligente Kampagnensteuerung.

 

Der Vergleich zwischen monolithischen Systemen und composable Setups zeigt: Während Monolithen kurze Einführungszeiten und einheitliche Interfaces bieten, liegen die langfristigen Vorteile klar auf Seiten der modularen Architektur. Sie erlaubt nicht nur bessere Integration von Best-of-Breed-Lösungen, sondern schafft auch eine belastbare Grundlage für die Einführung fortgeschrittener Technologien wie KI.

 

Ein wesentliches Element innerhalb der composable Architektur ist die abgestimmte Zusammenarbeit von Customer Data Platform (CDP) mit unterschiedlichen Speicherlösungen, allen voran dem klassischen Data Warehouse (DWH), aber auch modernen Alternativen wie Data Lakes, Data Marts oder Data Mesh-Architekturen. Darüber hinaus gewinnen hybride Ansätze wie Lakehouse-Modelle zunehmend an Bedeutung, da sie die flexible Speicherung unstrukturierter Daten mit der strukturierten Abfrageleistung eines DWH kombinieren. In operativen Echtzeitszenarien kommen zusätzlich Streaming-Plattformen oder In-Memory-Datenbanken zum Einsatz, um höchste Performanceanforderungen zu erfüllen.

Während die CDP für die Sammlung, Pflege und Aktivierung von Echtzeit-Kundendaten verantwortlich ist, übernehmen DWH und seine Alternativen die Rolle eines strategischen Gedächtnisses: Sie archivieren umfangreiche Datensätze, stellen historische Analysen bereit und unterstützen übergreifende Attribution sowie modellgestützte Entscheidungsfindung. Durch die Kombination beider Systemarten in einer zeitgemäßen Infrastruktur – etwa mithilfe von Event-Streaming, serverseitiger Verarbeitung oder einer verteilten Governance nach dem Data-Mesh-Prinzip – entsteht ein integriertes Gefüge, das sowohl operative Reaktionsgeschwindigkeit als auch strategische Tiefe ermöglicht. Aktuelle Übersichten und analytische Arbeiten zur Martech-Landschaft zeigen anhand konkreter Anwendungsbeispiele, wie diese Verzahnung in der Praxis bereits erfolgreich umgesetzt wird.

 

Doch die technische Architektur ist nur ein Teil der Gleichung. Die zunehmende Komplexität verlangt neue Rollen und Verantwortlichkeiten in den Unternehmen. Data Product Owner, Integration Engineers und Governance-Spezialisten werden zu Schlüsselakteuren, wenn es darum geht, Datenqualität, Sicherheit und operativen Nutzen nachhaltig zu verankern. Die Implementierung einer composable Martech-Umgebung erfordert also nicht nur Technologiekompetenz, sondern auch ein tragfähiges Operating Model.

Diese strukturelle Voraussetzung bildet die Basis für den nächsten Entwicklungsschritt: die Verschmelzung von CRM, CDP und KI zu einem Ökosystem der Augmented Customer Intelligence.

 

Monolithische Architekturen genügen nicht mehr. Erst durch die Integration intelligenter Entscheidungssysteme entsteht ein System, das Verhalten erkennt, Absichten antizipiert und Maßnahmen in Echtzeit auslöst.

Im Zentrum dieses intelligenten Systems steht der sogenannte Decisioning Layer. Er agiert als analytisches Nervenzentrum zwischen Datenverarbeitung und Marketingaktivierung. Fachgremien und marktführende Plattformanbieter zeigen, wie sich durch diesen Layer auf Basis von Echtzeitinformationen automatisch Handlungsempfehlungen (z.B. Next Best Actions) generieren lassen. Dabei werden Zielgruppen dynamisch segmentiert, Kampagnen gezielt angestoßen und kanalübergreifend ausgesteuert. Das Entscheidungsmodell vereint klassische Regelwerke mit maschinellem Lernen und verknüpft statistische Mustererkennung mit semantischem Kontextverständnis.

 

Fortgeschrittene Systeme führen diesen Ansatz konsequent weiter. Sie nutzen Real-Time Scoring, bei dem Nutzerverhalten permanent analysiert und bewertet wird, um adaptive Kampagnenlogiken in Echtzeit zu steuern. Inhalte, Kommunikationskanäle und Versandzeitpunkte passen sich situativ an. Das Ergebnis sind hyperpersonalisierte Erlebnisse, bei denen datengetriebene Trigger mit emotional aufgeladenem Content verschmelzen. Der Übergang vom reaktiven zum vorausschauenden Marketing ist damit vollzogen.

 

Die zunehmende Automatisierung im Marketing durch KI-basierte Systeme bringt auch neue Verantwortlichkeiten mit sich. Der ethisch verantwortungsvolle Umgang mit künstlicher Intelligenz wird dabei zum integralen Bestandteil einer zukunftsfähigen Martech-Strategie. Es geht um weit mehr als technische Exzellenz: Transparenz in Entscheidungsprozessen, Erklärbarkeit von Algorithmen sowie der respektvolle Umgang mit sensiblen Kundendaten sind Voraussetzungen, um langfristiges Vertrauen zu sichern. Besonders im Kontext von Zero-Party-Daten, also aktiv und bewusst vom Nutzer bereitgestellten Informationen, sind klare Governance-Strukturen erforderlich. Dazu zählen nachvollziehbare Einwilligungsprozesse, individuelle Kontrollmöglichkeiten und Mechanismen zur Auskunft und Löschung. KI entfaltet ihr volles Potenzial nur dann, wenn sie nicht nur präzise, sondern auch verantwortungsvoll eingesetzt wird.

Gleichzeitig verändern sich die Organisationsmodelle: Neue Rollen wie AI Product Owner oder Data Ethicist entstehen. Teams müssen multidisziplinär agieren, Silos überwinden und sich auf ein gemeinsames Ziel einigen: Die konsequente Ausrichtung auf den Kunden – datenbasiert, adaptiv, verantwortungsvoll.

 

Customer Centricity beginnt nicht mit der Auswahl eines Tools, sondern mit der Definition eines technologischen und organisatorischen Rahmens. Composable Martech und Augmented Customer Intelligence markieren dabei nicht nur den Stand der Technik, sondern bilden das Fundament für ein Marketing, das nicht nur effizient, sondern relevant, respektvoll und zukunftsfähig ist.